Modern Times im alten Grätzl

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Urbane Quartiersbelebung in
Wien 20., Hochstädtplatz 4 / Stromstraße 33-35

  • Gesamtanzahl Wohnungen: 177 (Wohnhochhaus) + 83 (Bauteil Stromstraße)
  • Eigentümer: Wohnbau, gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft
  • Architektur: DI Albert Wimmer, Nigst-Gaisrucker-Lang
  • Bezug: 2005


Auslösende Faktoren für die Neugestaltung des Stadtraums Dresdnerstraße / Stromstraße in der Nähe der früher berüchtigten „Meldemannstraße“ waren u.a. die Absiedlung von Industriebetrieben, der Verkauf von Liegenschaften und eine zunehmend ungeordnete Führung des öffentlichen und individuellen Verkehrs. 1999 wurde für das Bearbeitungsgebiet „Höchstädtplatz“ auf der Basis einer Vorstudie ein Expertenverfahren ausgelobt, zu dem insgesamt 12 Architekten(teams) eingeladen waren. In der Aufgabenstellung wurde ausdrücklich großes Gewicht auf Konzepte gelegt, „wie der Höchstädtplatz als Platzraum eine Qualität gewinnen kann, die ihm bisher nicht zukommt.“

Auf die vorgegebene Bauplatzstruktur antwortete der siegreiche Entwurf mit der Planung eines markanten, 83,50 Meter hohen Wohnhochhauses und eines weiteren, 7-geschossigen Wohnbaus, zusätzlich war die Neuerrichtung eines Kindertagesheimes zu berücksichtigen. Die Gestaltung des öffentlichen Raumes vom Kreuzungsbereich Höchstädtplatz weg entlang der Stromstraße sah von Beginn an eine durchgehende, strukturierte Freifläche mit dem konsequenten Ansatz vor, einen bislang befahrenen Straßenteil von Autoverkehr freizuhalten.

Dynamische Nutzungsqualität

Das heutige Bild des früher klein-rastrigen „Grätzls“ ist von markanter, zeitgemäßer Urbanisierung geprägt, wobei die Entwicklung des unmittelbaren Bauplatz-Umfeldes dynamisch aufgenommen wurde. Repräsentativ hierfür ist die beinahe zeitgleiche Errichtung des „Technikum Wien“ an der Dresdnerstraße, die mehrfache Nutzungsoptimierungen bewirkte: Die EDV-Abteilung der Fachhochschule wurde in den ersten beiden Geschoßen des Wohnhochhauses platziert, gleichzeitig war die Möglichkeit für eine Neustrukturierung der umliegenden Freifläche gegeben.

Das Höchstädtplatz-Hochhaus beherbergt seit der Besiedelung in den ersten beiden Geschoßen Bildungseinrichtungen, ein Sportgeräteprüflabor, Arztpraxen, einen definierten Eingangsbereich, flankiert von einem Betreuungsbüro (auch Sitz des Objektmanagers). Das Wohnen (177 Einheiten) beginnt ab dem dritten Geschoß und demnach erst oberhalb von 12,5 Metern Bauhöhe, die Untergeschoße sind Funktionsräumen vorbehalten, die gemeinsame Tiefgarage mit 187 PKW-Stellplätzen wurde unterhalb des Wohnbaues Stromstraße (83 Wohnungen) platziert, ein weiterer Carport erhöht die Zahl der KFZ-Einstellplätze auf 203. In einem Stockwerk des Wohnhochhauses wurde ein flexibel nutzbarer Gemeinschaftsraum eingerichtet.

Schlanke Eleganz

Die gewählte elliptische Form des Hochhauses und die daraus abgleitete Grundrissgestaltung betont das Bild einer „schlanken Schönheit“. Ein modular entwickeltes Fassadenprinzip überspannt als „Textur“ den gesamten Baukörper, innovative Lösungen zur Optimierung bzw. Beschattung, Sichtbeziehungen zum Donauraum bzw. zur Innenstadt bestimmten die endgültige Positionierung des Baukörpers. Ausgehend von der nordseitig angeordneten Kernzone bilden Lichteinfall und Lichtreflexion die Formgebung des „inneren Straßenraumes“ (Erschließungszone).

Je acht Wohneinheiten bilden ein Geschoss, der vertikale Erschließungsschacht liegt jeweils mittig der Wohneinheit, sodass die Wohnungseingangssituation beidseitig des Schachtes liegt, ebenso ist die Lage der wohnungsbezogenen Freiräume unterschiedlich zugeordnet. Teilweise prägen verglaste „kalte Loggien“ das äußere Erscheinungsbild. Der glatt wirkende Baukörper ist von Materialien wie Glas und Metall besetzt, Alu-Stahl-Konstruktionen und siebbedruckte Glaselemente (Wintergärten bzw. Loggienelemente) sind fassadenbündig versetzt und erzeugen einen eigenen optischen Rhythmus.

Multifunktionalität

Der Bauplatz des Wohnhauses Passettistraße / Stromstraße steht in stadträumlicher Beziehung zum benachbarten Wohnhochhaus. Der von der Stromstraße soweit wie möglich abgesetzte Längstrakt mit drei Stiegenkernen schließt als „Blockecke“ an die bestehende Bebauung an. Der zweite, kürzere Wohntrakt mit einem Stiegenkern an der Baulinie der Stromstraße setzt die Randbebauung bis zu einer schräg geschnittenen Fläche fort.

Unter dem deutlich abgehobenen Längstrakt liegt im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss eingeschoben ein 4-gruppiges Kindertagesheim mit direktem Zugang zum Garten und einer Schlechtwetterspielzone auf der Terrasse des 1. Obergeschosses. Außer dem Garten für das Kindertagesheim an der Ecke Stromstraße/Pasettistraße befinden sich auf den Freiflächen ein Kleinkinderspielplatz im hofähnlichen Bereich zwischen den beiden Baukörpern und die Fahrradboxen an der Grenze zur Nachbarbebauung.

Die Hauptorientierung der im 1. bis 7. Obergeschoss situierten Wohnungen ist süd- bzw. südostwärts. Den fast durchwegs zweiseitig durchlichteten Wohnungen ist eine Loggienzone vorgelagert, deren Brüstungsband aus feinen Gitterrosten das Erscheinungsbild des Gebäudes bestimmt. Die hofseitige, nordwest-orientierte Lochfassade wird durch die verglasten Stiegenhäuser und Verbindungsgänge geprägt. Die Grundstruktur des Tragwerks und der Gebäudeversorgung ist so angelegt, dass eine Vielzahl grundrisslicher Varianten möglich ist.

Durch einen Fitnessbereich mit Sauna und Gymnastikraum im Dachgeschoss, zwei große Kinderwagen- und Fahrradabstellräume, einen allgemeinem Spiel- und Veranstaltungsraum mit eigenem externen Zugang wird das Angebot an Allgemeinflächen stark ausgeweitet.

Modern Living

Der „Höchstädtplatz neu“ bewirkte eine innovative Orientierung in zahlreichen bautechnischen Bereichen wie Duplex-Aufzugssystem, Brandschutz, Erdbebensicherheit, automatisierter Kontrolle der lüftungstechnischen Versorgung. Zusätzlich zum Einsatz von SMAT-Gemeinschaftssatelliten-Antennen wurde hier ein Schritt in die Lichtwellenleiter-Zukunft gesetzt, den Bewohnern ist ein völlig staubfreier Anschluss an das FTTH-Netz (Fibre-to-the-home) ermöglicht. Geringe Fluktuation, ein Bewohnermix aus „alteingesessener“ Grätzl-Bevölkerung und mondänem Jung-Publikum sowie eine offenkundige Modernisierung von Gastronomie und Geschäften im Umraum des Höchstädtplatzes zeugen von gelungener urbaner Nachhaltigkeit.

Ökologie: Das gesamte Ensemble verfügt über guten Niedrigenergie-Standard, ergänzt durch Grundwasserbrunnen und getrennte Wasserkreisläufe.

Gesamtanzahl Wohnungen: 260

Zusätzliche Einrichtungen:

Fachhochschule Technikum (1.047 m2), Sportgeräteprüflabor, 6 Lokale, Büros, Ordinationen, Kindertagesheim (4-gruppig + Mehrzweckraum), 7 Kinderwagen- und Fahrradabstellräume, 4 Waschcenter, 1 Kinderspielplatz im Freien, 2 Kinderspielräume innen, 2 Kleinkinderspielplätze, 1 Gemeinschaftsraum, 1 Sauna / Fitnessraum